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Medien und der Krieg gegen die Ukraine

Mutmaßliche Kriegsverbrechen – Vorsicht, Nachsicht oder Pflicht in der Kriegsberichterstattung?

Der Krieg in der Ukraine stellt auch den Journalismus vor neue Herausforderungen. Das zeigt sich an der Diskussion, ob Kriegsverbrechen vorerst „mutmaßlich“ oder „offenbar“ genannt werden dürfen und wann von dieser Formulierung Abstand genommen werden sollte. Eine Einordnung.

Tobias Singer06.04.2022 10:16
Ein Massengrab im ukrainischen Butscha. Angesichts der Gräuel,  die in dem Ort nach Abzug der russischen Truppen sichtbar geworden sind, stellt sich unter Journalist*innen die Frage, ob der Zusatz "mutmaßlich" noch angemessen ist –
Ein Massengrab im ukrainischen Butscha. Angesichts der Gräuel, die in dem Ort nach Abzug der russischen Truppen sichtbar geworden sind, stellt sich unter Journalist*innen die Frage, ob der Zusatz "mutmaßlich" noch angemessen ist – Foto: Imago

In den letzten Tagen verging kaum eine Nachrichtensendung ohne einen Beitrag zu Butscha – die ukrainische Stadt vor den Toren Kiews wurde zum Synonym für die weitere Eskalation im Angriffskrieg. Nach dem Rückzug der russischen Truppen Ende März zeigte sich der Öffentlichkeit ein Bild der Zerstörung und von getöteten Zivilisten. Das Material über die grausamen Taten ging um die Welt. Es verging kaum eine Nachrichtensendung, in der Sprecherinnen und Sprecher vor das Wort Kriegsverbrechen nicht das Attribut „mutmaßlich“ setzten. Ein Zusatz, der deutlich machen soll, dass trotz der gezeigten Bilder, trotz der getöteten Zivilisten noch keine abschließende Erkenntnisse von unabhängiger Seite bestehen. Aber greift diese Vorsicht in Anbetracht der Erkenntnisse aus Butscha noch oder kann man darauf verzichten? Darüber ist eine Diskussion entbrannt, die zumindest auf Twitter einmal mehr entlang einer Linie zwischen Öffentlich Rechtlichen und privaten Angeboten geführt wird.

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