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Big Tech Weekly

Wie weit blicken Sie in die Zukunft? Ich meine damit nicht die nächste Woche, nicht mal das aktuell kaum absehbarere, aber – leider – doch unvermeidliche Ende des Sommers, sondern einen Blick auf einen viel, viel weiter entfernten Horizont. Die nächsten Jahre und Jahrzehnte.

Obwohl auch für mich nicht die Zeit stillsteht und mir in den kommenden Jahren die fürchterliche „5“ auf dem Geburtstagsziffernblatt bevorsteht, versuche ich sie, so gut es geht, auszublenden. Rein wirtschaftlich betrachtet, besitzt die darauffolgende Dekade ohnehin mehr besondere Relevanz. Und nicht mal der exakte 60. Geburtstag, sondern gar ein paar Jahre danach.

##### Welcher Sektor hat tatsächlich die Gamechanger-Qualität?

Die Mitte der 30er-Jahre ist mein Fixpunkt, weil mein Sohn dann die Volljährigkeit erreicht, und er dann, so denn die Schulentwicklung den erhofften Verlauf nimmt, seinen Aufbruch ins Leben in Form eines Studiums starten könnte. Und ich gleichzeitig den Abbruch meines alten Lebens mit sich abzeichnendem Renteneintritt, der gerne ein paar Jahre eher beginnen darf.

Für beides will schließlich vorgesorgt sein! Keine Überraschung also, dass ich dafür bereits heute bzw. seit vielen Jahren mein Geld anlege – zum Teil auch in Techaktien oder wenigstens in die großen Indizes, die aktuell von Big Tech bestimmt werden. Was mich zur Frage der heutigen Kolumne bringt: Wie könnte die Big-Tech-Welt eigentlich in zehn bzw. fünfzehn Jahren aussehen? Wird eines der GAFAMs dann immer noch wertvollster Konzern der Welt sein? Und wenn ja, ließe sich ein Erfolg wie der von Apple, Amazon oder Alphabet reproduzieren?

Aus heutiger Sicht kann die Antwort nur überraschend diametral aussehen. Auf der einen Seite erscheinen die Hürden für neue Weltkonzerne höher denn je. Big Tech hat seine Geschäftsmodelle in so vielerlei Hinsicht dermaßen diversifiziert, dass Startups in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren ein Aufstieg ungleich schwerer gemacht worden ist. Snap ist das beste Beispiel dafür. Der Stories-Erfinder war auf dem Weg, das nächste Facebook zu werden, dann setzte Mark Zuckerberg wirklich alle Hebel in Bewegung, um das neue Format zu bekämpfen – und hatte in Form von Instagram Stories einen durchschlagenden Erfolg. Mit Ausnahme von TikTok, das sich jedoch in chinesischer Hand befindet und damit auf dem Kapitalmarkt schwer zu bewerten ist (siehe Alibaba), haben sich in der Techbranche keine neuen Herausforderer aufgedrängt.

Wahrscheinlicher erscheint es da fast, dass in anderen Industrien **neue Konzerne entstehen**, deren gesellschaftliche Relevanz plötzlich immens ist. **Der Biotech-Sektor ist hier ein Bereich mit Gamechanger-Qualität**, wie die Corona-Epidemie und der zwischenzeitliche Höhenflug von **BionTech** und **Moderna** beweisen. Das Großprojekt der **Weltraumeroberung** **und Besiedelung des Mars** könnte mit Pionieren wie **Space X** ein anderer, alles verändernder Sektor sein.

##### Exxon Mobil und Walmart lassen erahnen, wohin es für die GAFAM gehen könnte

Vor allem jedoch muss Big-Tech-Investoren die Börsenhistorie pessimistisch stimmen. **Es gilt das alte "Gatsby"-Motto: *You can’t repeat the past***. Ein Blick zurück auf die wertvollsten Konzerne vorheriger Dekaden dokumentiert den Favoritenwechsel eindrucksvoll. 2009 – das im Rückspiegel genauso weit erscheint wie 2035 im Fast-Forward-Modus – lauteten die beiden wertvollsten Konzerne Exxon Mobil und Walmart. Beide Blue-Chips sind heute unverändert gut im Geschäft, zählen aber nicht mehr zu den Top Ten. Den Großteil der 90er-Jahre wie auch frühen Nullerjahre dominierte unterdessen **General Electric**, während die 80er-Jahre ganz im Zeichen des **japanischen Wirtschaftswunders** standen und in den 70ern Big Oil made in USA die (Börsen-) Welt beherrschte.

Was getan ist, ist getan, sagt der Volksmund so gerne. Bedeutet übersetzt für die Wall Street: Was getan ist, ist eingepreist. Apple, Microsoft, Amazon und Alphabet sind heute so wertvoll, weil sie über Jahrzehnte eine einmalige Wachstumsstory vorweisen können. Nur um die heutige Bewertung zu halten, müssen die Großen Vier weiterhin in gigantischen Mengen iPhones, Werbeanzeigen und Cloud-Storage verkaufen.

Doch das Wachstum des heutigen Kerngeschäfts dürfte irgendwann im Laufe dieses oder spätestens nächsten Jahrzehnts an seine Grenzen stoßen. Und dann? Wie holprig eine Transformation auf das „Next Big Thing“ ausfallen kann, macht in diesen Tagen das letzte Mitglied des GAFAM-Akronyms vor, das man eigentlich nicht mehr zum Club zählen kann: Meta. Obwohl die Umsätze weiter auf hohem Niveau stagnieren, hat sich Konzernchef Mark Zuckerberg zur All-in-Wette aufs Metaverse entschieden, die sogar in der Namensänderung manifestiert wurde. Geht sie schief, wird man Zuckerberg vorwerfen, er habe ein funktionierendes Schiff vom Kurs abgebracht.

**Für den Rest der GAFAMs ist die Meta-Wette der Lackmustest für die nächste Dekade**. Für **Apple** geht es in diesem Zeitraum um **die AR- und VR-Smartbrille als iPhone-Ersatz** und ein **„iCar“** als neues Geschäftsfeld. Für **Alphabet** geht es um die Frage, ob einer der „Moonshots“ aufgeht – mutmaßlich ebenfalls im **Automotive-Bereich** –, um die Abhängigkeit vom Werbegeschäft zu verringern. Bei **Microsoft** geht es um die Frage, inwieweit neben der Business-Sparte neue Segmente wie das zugekaufte **Gaming**\-Geschäft (Activision Blizzard) das Wachstumsversprechen einlösen. Bei **Amazon** wiederum geht es um die Erschließung neuer Geschäftsfelder, bei denen sich **die Healthcare-Branche** als Wachstumszweig aufzudrängen scheint.

##### Die Millenniumseuphorie um Microsoft: Wiederholt sich die Geschichte?

Bleibt die Frage: Wie vorhersehbar sind die nächsten großen Blockbuster-Produkte? Der Blick zurück beweist: Große Veränderungen haben sich durchaus früh angekündigt. **Das iPhone wurde 2007 gelauncht – also vor 15 Jahren**. Das alles bestimmende Gadget des Jahres 2037 (!) scheint unterdessen aktuell weit und breit noch nicht in Sicht.

Für Big Tech ist das vielleicht keine schlechte Nachricht. Große Veränderungen brauchen eben auch Zeit. Bleiben sie aus, bleibt das Bewährte länger bestehen. Microsoft ist dafür das beste Beispiel: Das vergangene Jahrhundert beendete im Zuge der Millenniumseuphorie ein alter Bekannter an der Spitze: Tatsächlich war Windows-Hersteller Microsoft **am 31.12.1999 der wertvollste Konzern der Welt**. Wiederholt sich die Geschichte, könnten Apple, Amazon, Alphabet oder eben Microsoft **gar 2045 den Börsenthron blockieren**.

##### +++ Short Tech Reads +++

**[CNBC](https://www.cnbc.com/2022/08/08/nvidia-warns-on-second-quarter-revenue-shares-dip.html): Chipriese Nvidia warnt vor schwachem Quartal**

Schuss vor den Bug für Techinvestoren: Nach zuletzt starken Wochen erwischte Chip-Gigant Nvidia Aktionäre zu Wochenbeginn mit einem sogenannten „Pre-announcement“ auf dem falschen Fuß. Nvidia sollte eigentlich erst am 24. August seine Quartalszahlen bekannt geben, musste nun jedoch eingestehen, dass sich die Geschäfte im zweiten Quartal deutlich schlechter als erwartet entwickelt haben: Statt den in Aussicht gestellten 8,1 Milliarden Dollar dürfte Nvidia lediglich 6,7 Milliarden Dollar im Geschäftszeitraum von Anfang April bis Ende Juni erlöst haben. Die Aktie verliert daraufhin in den beiden folgenden Handelstagen mehr als 10 Prozent an Wert.

**[AppleInsider](https://appleinsider.com/articles/22/08/10/iphone-14-pro-models-may-be-more-expensive-than-iphone-13-kuo-says): Das iPhone 14 könnte noch teurer werden**

Einen Monat noch, dann steht Apple-Fans wieder das wichtigste Event des Jahres bevor: Die lang ersehnte iPhone-Keynote. Wie der gut unterrichtete TF Securities-Analyst Ming-Chi Kuo berichtet, müssen Kunden des Kultkonzerns aus Cupertino für ein neues iPhone mutmaßlich wieder einmal tiefer in die Tasche greifen. Betroffen sein könnten die Premium-Modelle der iPhone 14-Pro-Serie.

<blockquote class="twitter-tweet" data-width="500" data-dnt="true"><p lang="en" dir="ltr">(1/2)<br>Hon Hai/Foxconn is one of the winners of the increased ASP of iPhone 14 series. I estimated iPhone 14 series ASP would increase by about 15% (vs. iPhone 13 series ASP) to $1,000-1,050 (USD) due to two iPhone 14 Pro&#39;s price hikes &amp; higher shipment proportion. <a href="https://t.co/UgiW0kom4F">https://t.co/UgiW0kom4F</a></p>&mdash; 郭明錤 (Ming-Chi Kuo) (@mingchikuo) <a href="https://twitter.com/mingchikuo/status/1557384834548629506?ref_src=twsrc%5Etfw">August 10, 2022</a></blockquote><script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

**[Marketwatch](https://www.marketwatch.com/story/disney-to-raise-streaming-prices-while-launching-ad-supported-tier-stock-pops-as-subscriber-total-tops-netflix-11660163011?mod=home-page): Disney+ lockt 14,4 Millionen neue Abonnenten an**

Ausrufezeichen aus Los Angeles: Disney konnte gestern Abend bei Vorlage des neusten Zahlenwerks die Analystenerwartungen deutlich übertreffen und eine erstaunlich starke Geschäftsbilanz präsentieren. Im zweiten Kalenderquartal konnte der wertvollste Medienkonzern der Welt die Umsätze um beeindruckende 26 Prozent auf 21,5 Milliarden Dollar steigern und dabei einen Nettogewinn von 1,4 Milliarden Dollar ausweisen (+51 Prozent). Wachstumstreiber waren die zum Teil wiedereröffneten Freizeitparks.

Noch bemerkenswerter fielen die Zuwächse im neuen Hoffnungssegment, der Streamingsparte, aus. In nur 91 Tagen bis Ende Juni konnte Disney+ 14,4 Millionen neue Abonnenten anlocken und bringt es damit bereits auf 152 Millionen zahlende Zuschauer. Der Abstand zu Netflix beträgt damit nur noch 70 Millionen Abonnenten. Gleichzeitig konkretisierte der Mickey-Mouse-Konzern die Pläne für seinen werbefinanzierten Streaming-Dienst, der mit 7,99 Dollar im Monat so viel kosten soll wie aktuell die werbefreie Version. Wer auch künftig auf Anzeigenunterbrechungen verzichten will, muss 10,99 Dollar im Monat bezahlen – eine durchaus satte Preisanhebung von drei Dollar im Monat.

<blockquote class="twitter-tweet" data-width="500" data-dnt="true"><p lang="en" dir="ltr">BREAKING: Disney raises price on ad-free Disney+ 38% to $10.99 as part of new pricing structure for streaming services <a href="https://t.co/yyOQ8yjHj4">https://t.co/yyOQ8yjHj4</a></p>&mdash; CNBC Now (@CNBCnow) <a href="https://twitter.com/CNBCnow/status/1557458349553291265?ref_src=twsrc%5Etfw">August 10, 2022</a></blockquote><script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

##### +++ One more Thing: "Mad Men"-Jon Hamm bekommt endlich seinen Apple TV+-Auftritt

Den Anschluss an die Rolle seines Lebens zu finden, ist so schwer, wie über den richtigen Zeitpunkt für den Abschied nachzudenken. Tennis-Ikone Serena Williams hat diese Woche mit einem vielleicht bemerkenswerten Non-Text-Beitrag, der am Ende wegen ihres Venture Fonds doch ein bisschen mit Tech zu tun hat, in [einem Essay in der „Vogue“](https://www.vogue.com/article/serena-williams-retirement-in-her-own-words) darüber geschrieben, warum es ihr so schwerfällt, das Tennis-Racket an den Nagel zu hängen.

Wie schwer ein „Second Act“ sein kann, hat Jon Hamm, der in „Mad Men“ den ikonischen Werber Don Draper spielt, erfahren müssen. Nach dem Ende der Kultserie ist dem inzwischen 51-Jährigen wenig Beachtenswertes gelungen – „Harry Potter“-Darsteller Daniel Radcliffe kennt das Problem. Ist die Serie des Lebens zu Ende, ist oftmals noch viel vom Ende des Lebens übrig.

Jon Hamm hat unterdessen die Ironie nicht verloren, wie ein prämierter Werbeclip vom Januar beweist. Darin spielt Jon Hamm Jon Hamm, der sich auf unvergleichliche Weise fragt, warum jeder seiner Kollegen auf Apple TV+ zu finden ist, nur der Charakter-Werber einfach noch nicht gefragt wurde?

<blockquote class="twitter-tweet" data-width="500" data-dnt="true"><p lang="en" dir="ltr">Totally. 100%. Absolutely. Not satisfied. <br><br>Everyone but Jon Hamm. <a href="https://t.co/Ii3SZa2U83">pic.twitter.com/Ii3SZa2U83</a></p>&mdash; Apple TV+ (@AppleTVPlus) <a href="https://twitter.com/AppleTVPlus/status/1487967421327577089?ref_src=twsrc%5Etfw">January 31, 2022</a></blockquote><script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

Mutmaßlich wusste Hamm seinerzeit schon mehr, denn wie Apple heute bestätigte, bekommt der US-Schauspieler beim Seriendienst aus Cupertino endlich eine neue Rolle auf den Leib geschneidert, die einen Anschluss an alte „Mad Men“-Tage bringen könnte. Hamm spielt tatsächlich in der nächsten Staffel der Medien-Dramedy „The Morning Show“ mit – und das in bewährter Form.

Wie der „Hollywood Reporter“ berichtet, spielt Hamm den TV-Mogul Paul Marks – eine Paraderolle im Big Business für den charismatischen Golden Globe-Gewinner. Wermutstropfen: Die dritte Staffel der „Morning Show“ mit Jennifer Aniston und Reese Witherspoon nimmt erst in diesen Tagen die Produktion auf, was bedeutet, sie dürfte erst im kommenden Herbst auf Apple TV+ zu sehen sein. Aber im Supersommer verbietet sich ja aktuell ohnehin erhöhter Streaming-Konsum.

Viel Spaß mit den schönsten Tagen des Jahres + bis nächste Woche!

Dominieren Apple, Microsoft und Co. die (Börsen-) Welt noch in 10 Jahren?