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Big Tech Weekly

Haben Sie diese Woche öfter als sonst die Aktien-App auf ihrem Smartphone gecheckt? Dann sind Sie nicht allein. Es ist wieder diese Zeit an den Kapitalmärkten, in der nicht nur vermutlich die Weichen für den Rest des Jahres gestellt werden, sondern in wenigen Handelstagen die Kurszuwächse von Monaten und in Wochen die Gewinne von Jahren verloren gehen, wenn man sich auf der falschen Seite der Anlage befindet. Ganz recht: Es kracht (fast) wieder so gewaltig wie vor zwei Jahren beim Beginn der Corona-Pandemie oder in den ersten Wochen des Lehman-Crashs.

Das gilt vor allem für Aktionäre von Technologieunternehmen, die sich seit Jahresbeginn im freien Fall befinden. Auch zu Wochenbeginn ging der Ausverkauf zum Teil ungebremst weiter. Auslöser ist weiterhin die Sorge vor einer fiskalischen Zeitenwende: Ein Ende der ultralockeren Geldpolitik der US-Notenbank, die Tech- und Internetunternehmen besonders trifft, weil sich Kredite verteuern und hochrentable Old Economy-Unternehmen wieder an Attraktivität gewinnen. Der Favoritenwechsel an der Wall Street hat für **dramatische Kursverluste** gesorgt. Von den Allzeithochs im vergangenen Jahr, die weitgehend **erst im November (!) aufgestellt** wurden, haben beliebte (Big) Tech-Unternehmen bis heute wie folgt an Wert verloren:  
  
• **Pinterest**: – 72 Prozent  
• **Zoom:** – 71 Prozent  
• **Snap**: – 66 Prozent  
• **Square**: – 62 Prozent  
• **Twitter** – 59 Prozent  
• **Coinbase**: – 59 Prozent  
• **Spotify**: – 55 Prozent  
• **Etsy: –** 54 Prozent    
•  **Shopify**: – 51 Prozent   
• **PayPal:** – 49 Prozent  
•  **Netflix**: – 49 Prozent  (Stand: Schlusskurse vom 26.1.)  
  
In anderen Worten: Die typische Social Media- oder E-Commerce-Aktie hat sich binnen drei Monaten mindestens halbiert. **Das sind historische Bewertungsverwerfungen**, **wie man sie seit der großen Finanzkrise 2008/09 nicht mehr gesehen hat**. Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich auch: **Die wundersamen Kurszuwächse** von Social-Media-Stars wie **Snap** oder **Pinterest** oder eben Stay-at-Home-Unternehmen wie **Etsy** oder **Zoom** **waren nie realistisch**, sondern wurden künstlich durch die Liquiditätsschwemme in der Pandemie erzeugt. Dieser „Corona-Trade“ ist an der Wall Street enorm schnell rückabgewickelt worden. Viele Tech- und Internetaktien notieren (fast) wieder auf Vor-Pandemie-Niveaus.  
  
Für Internet- und Techunternehmen, die ihre Mitarbeiter zu einem Gutteil durch die Aussicht auf lukrative Stock Options anlocken, ist die Zeitenwende an der Wall Street ein einschneidendes Event. Das Ende des dramatischen Ausverkaufs erscheint vollkommen offen und kann sich über das ganze Jahr ziehen, während die Aussicht, in absehbarer Zeit wieder alte Höchstkurse zu sehen, binnen 10 Wochen in himmelweite Ferne gerückt sind. Realistisch betrachtet dürfte es Jahre dauern, bevor Unternehmen wie Snap, Pinterest, Twitter oder Spotify wieder auf alten, neuen Höchstständen notieren. An dieses „neue Normal“ müssen sich Aktionäre, Unternehmen, Mitarbeiter und gegebenenfalls auch Kunden erst gewöhnen – nämlich, wenn die angestürzten Internet-Darlings mit Preisanhebungen den Folgen der immer massiveren Inflation begegnen.  
  
Auf der anderen Seite des Kurszettels notieren die Platzhirsche der Branche immer noch verhältnismäßig weit oben. Keine Frage: Big Tech hat der grassierende Börsencrash von 2022 zwar auch getroffen, aber zumindest prozentual im weitaus geringeren Umfang. Von den Rekordhochs, die bis auf auf die Ausnahme von **Meta** ebenfalls erst im vergangenen November aufgestellt wurden, haben die GAFAMs und Tesla wie folgt verloren..

*   **Amazon**: – 26 Prozent
*   **Tesla**: – 25 Prozent
*   **Meta** (**Facebook**): – 24 Prozent
*   ****Microsoft**:** – 15 Prozent
*   **Alphabet (Google)**: – 15 Prozent
*   **Apple**: – 13 Prozent   (Stand: Schlusskurse vom 26.1.)

Mehr als die Hälfte der GAFAMs ist also bislang ziemlich glimpflich durch den großen Tech-Crash gekommen. Doch das muss noch nichts heißen. Historisch betrachtet fallen die größten Qualitätswerte erst am Ende eines Bärenmarkts wie Dominosteine – es sind jene Titel, die Fondsmanager erst verkaufen, wenn sie es wirklich müssen, um Liquidität zu schaffen. Dementsprechend könnten auch Apple, Alphabet & Co. durchaus noch eine weitere Verkaufswelle bevorstehen.  
  
Ziemlich dramatisch fällt unterdessen **die Wertvernichtung von Big Tech** aus: Zusammengenommen haben die großen Sechs seit den Höchstständen fast 2 Billionen Dollar an Börsenwert vernichtet – das ist mehr als die gesamte Marktkapitalisierung von **Alphabet** oder **Tesla** und **Facebook** *zusammen*.

Wie gnadenlos der Markt aktuell nämlich zuschlägt, wenn sich die Geschäftsentwicklung etwas eintrübt, musste auch ein anderer Internetriese in der vergangenen Woche erfahren: Die Aktien von **Netflix** kamen nach einer soliden Bilanz brutal unter den Hammer und verloren am vergangenen Freitag gleich 20 Prozent an Wert, nur um sich im Wochenverlauf weiter zu verbilligen. Der vor Monaten noch vor Disney wertvollste Medienkonzern der Welt hat binnen zehn Wochen **ebenfalls knapp 150 Milliarden Dollar an Börsenwert eingebüßt**.  
  
Entsprechend viel steht in den nächsten Tagen auf dem Spiel, wenn die großen vier GAFAs ihre Zahlenwerke vorlegen. Den Anfang macht heute um 22.30 Uhr deutscher Zeit Apple – Alphabet, Meta und Amazon folgen in der nächsten Woche. Wedbush-Analyst Dan Ives spricht für die Techbranche bereits von der „wichtigsten Bilanzsaison seit einer Dekade.“

<blockquote class="twitter-tweet" data-width="500" data-dnt="true"><p lang="en" dir="ltr">We view this as the most important earnings season for the tech space in potentially the last decade, as the Street now needs to hear good news at a &quot;white knuckle time&quot; from tech bellwethers with fundamentals now in focus.  The main focus of the Street will be software and chips</p>&mdash; Dan Ives (@DivesTech) <a href="https://twitter.com/DivesTech/status/1485945182436663306?ref_src=twsrc%5Etfw">January 25, 2022</a></blockquote><script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

Im Vergleich zum Rekordquartal im Vorjahreszeitraum erwarten Analysten vom wertvollsten Konzern der Welt eine Umsatzsteigerung von lediglich sechs Prozent auf 118,4 Milliarden Dollar und einen Zuwachs des Gewinns je Aktie von 12 Prozent auf 1,89 Dollar. Apple hat als Fels in der Brandung durchaus einiges zu verteidigen: Keine andere größere Techaktie weist in den vergangenen drei Monaten noch Kursgewinne auf.

<blockquote class="twitter-tweet" data-width="500" data-dnt="true"><p lang="en" dir="ltr">Was looking at asset price changes for a few stocks. <a href="https://t.co/FujYrb9STk">pic.twitter.com/FujYrb9STk</a></p>&mdash; Horace Dediu (@asymco) <a href="https://twitter.com/asymco/status/1485351643487035393?ref_src=twsrc%5Etfw">January 23, 2022</a></blockquote><script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

##### +++ Short Tech Reads +++

**[CNBC:](https://www.cnbc.com/2022/01/26/microsoft-stock-up-on-strong-cloud-guidance.html) Microsoft legt nach starken Quartalszahlen zu**

Dass Big Tech in dieser Berichtssaison auch positiv überraschen kann, machte vorgestern Microsoft vor. Der Softwaregigant aus Redmond konnte im abgelaufenen Dezember-Quartal eine Rekordbilanz vermelden: Die Umsätze steigerten sich um 20 Prozent auf 51,7 Milliarden Dollar, während der Nettogewinn um 21 Prozent auf 18,8 Milliarden anzog. Weil CEO Satya Nadella einen starken Ausblick in Aussicht stellte, legte die Aktie gestern zu.

**[TheStreet](https://www.thestreet.com/markets/tesla-stock-slides-after-q4-earnings-beat-on-supply-chain-caution): Tesla fährt knapp 18 Milliarden Umsatz ein**

Weiter komplett auf der Überholspur befindet sich Tesla. Der sechstwertvollste Konzern der Welt legte gestern nach Handelsschluss eine erneut starte Bilanz für das Weihnachtsquartal vor, in der der Elektroautopionier seine Umsätze um 65 Prozent auf 17,8 Milliarden steigern konnte, während die Nettogewinne um exorbitante 760 Prozent auf 2,3 Milliarden Dollar explodierten. Mit einem neuen Modell wie dem zuvor angekündigten Cybertruck könnten Anleger in diesem Jahr allerdings nicht rechnen, erklärte Firmenchef Musk auf der Analystenkonferenz.  
  
**[TheVerge](https://www.theverge.com/2022/1/26/22902283/samsung-earnings-q4-2021-record-revenue-galaxy-s22?scrolla=5eb6d68b7fedc32c19ef33b4): Samsung legt Rekordbilanz vor**

Gefühlt seit einiger Zeit fliegt Samsung im Windschatten des iPhones, doch der Eindruck täuscht. Die Südkoreaner haben nicht nachgelassen, wie die jüngste Quartalsbilanz beweist, die heute vorgelegt wurde: Tatsächlich kann der asiatische Verbraucherelektronikpionier mit Erlösen von 63,3 Milliarden und einem operativen Gewinn von 11,5 Milliarden Dollar die Geschäftsbilanz für einen Dreimonatszeitraum vorlegen. Größter Gewinntreiber war indes nicht die Smartphone-, sondern die margenträchtige Chipsparte.

##### +++ One more Thing: Sind wir noch süchtiger nach unseren iPhones geworden? +++

Haben Sie auch den Eindruck, dass Sie immer mehr Zeit mit Ihrem iPhone verbringen? Da sind Sie nicht allein. In den USA beträgt die tägliche Smartphone-Nutzung bereits enorme 4 Stunden und 24 Minuten, wie Marketing-Guru Scott Galloway gestern in seinem „Chart of the Day“ herausgearbeitet hat. Abzüglich der Schlaf- und Arbeitszeit verbringen Amerikaner inzwischen also so ziemlich jeden freien Augenblick vor iPhone, Samsung Galaxy & Co. – und übertreffen damit sogar mich, wie mir das Feature „Bildschirmzeit“ auf dem iPhone verrät. (Fair enough: Die andere Zeit sitze ich vor MacBook und iMac.)

<blockquote class="twitter-tweet" data-width="500" data-dnt="true"><p lang="en" dir="ltr">Feel like you&#39;re on your phone a lot? <br>4 hrs 23 min, up from 24 min daily. <a href="https://twitter.com/hashtag/chartoftheweek?src=hash&amp;ref_src=twsrc%5Etfw">#chartoftheweek</a> <a href="https://t.co/b77vtPPc5m">pic.twitter.com/b77vtPPc5m</a></p>&mdash; Scott Galloway (@profgalloway) <a href="https://twitter.com/profgalloway/status/1486395675789213703?ref_src=twsrc%5Etfw">January 26, 2022</a></blockquote><script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

Dass das ständige Online sein irgendwann in die Online-Sucht umschlägt, ist keine Neuigkeit. Vor rund einem halben Jahr hatte ich [an dieser Stelle](/article/facebook-knackt-als-letztes-gafa-unternehmen-billionen-bewertung-0e5c5fab33d4f4772a0b1fdee0abd276) auf die Schattenseiten von Big Tech hingewiesen. Dass die ständigen [Negativnachrichten von den Kapitalmärkten](https://www.nytimes.com/2022/01/25/business/stocks-hold-or-sell.html), die wir in den Social Media Kanälen in Echtzeit dargeboten bekommen, sich am Ende somit in immer schneller fallenden Kursen widerspiegeln, wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

<blockquote class="twitter-tweet" data-width="500" data-dnt="true"><p lang="en" dir="ltr">&#39;Catastrophic&#39; Stock Market Crash Isn&#39;t Over—Here&#39;s How Much Worse It Could Get <a href="https://t.co/rxBQtUdnfy">https://t.co/rxBQtUdnfy</a> <a href="https://t.co/2wMseDOFQE">pic.twitter.com/2wMseDOFQE</a></p>&mdash; Forbes (@Forbes) <a href="https://twitter.com/Forbes/status/1485670123339976704?ref_src=twsrc%5Etfw">January 24, 2022</a></blockquote><script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

Die gute Nachricht: Sie haben das Ende der Kolumne erreicht – und können damit guten Gewissens das Smartphone beiseitelegen. In diesem Sinne: Cheers + bis nächste Woche!

Fast zwei Billionen Dollar Börsenwert weg: Wie tief können Apple, Amazon & Co. noch fallen?