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*Von Stefanie Tannrath, CEO der Mediaagentur UM Deutschland:*

Überholte Weltbilder, starre Rollenaufteilungen, Stereotypen – während man eigentlich meinen möchte, dass wir heutzutage längst viel weiter sind, sieht die Realität doch oftmals anders aus: Frauen und weiblich gelesene Personen haben auch im Jahr 2023 oft mit Vorurteilen und daraus resultierender Diskriminierung im Job zu kämpfen, insbesondere wenn es darum geht, in Führungspositionen aufzusteigen oder die gleichen Gehälter wie ihre männlichen Kollegen zu erhalten.

Dabei ist es doch ein weithin akzeptierter Fakt, dass diverse Teams produktiver und kreativer sind. Warum sind wir dann in der Wirtschaft und in unserer Gesellschaft noch oft so weit entfernt von einer echten Gleichberechtigung der Geschlechter? Weil Vorurteile in unserer Gesellschaft tief verankert sind und es unbequem ist, ausgetretene Pfade zu verlassen. Deshalb ist es so essentiell, dass wir aktiv daran arbeiten, diese Klischees zu überwinden, um die individuellen Fähigkeiten und Potenziale jedes einzelnen Menschen sehen zu können.

##### Warum sind Klischees und Vorurteile so schlimm?

Schon Hieronymus Bosch wusste: „Dem erbärmlichen Geist ist es zu eigen, stets Klischees und niemals eigene Einfälle zu verwenden.“ Kurz gesagt – mit Klischees, Vorurteilen oder neu-deutsch „Biases“ durch die Welt zu laufen, ist relativ einfach. Ohne weiter nachzudenken, ordnet sich die Welt in ein mehr oder weniger binäres System, ich muss nicht ständig neu evaluieren, reflektieren oder Meinungen auf den Prüfstand stellen. Klischees sind also ein mental abgespeichertes Schema, das automatisch aktiviert und angewandt wird.

Und genau so bleibt eben alles wie es ist. Oder wie es war... Und deshalb müssen wir ran an die Vorurteile. „Frauen können sich nicht durchsetzen“, „In einem Team voller Frauen möchte ich nicht arbeiten, da gibt es nur Zickenkrieg“, „Frauen werden in schwierigen Situationen oft zu emotional“, „Die hat gerade geheiratet, dann ist sie eh bald weg“, „Hast du gesehen, wie die rumläuft? So kann man die doch nicht ernstnehmen“, „Frauen können nicht verhandeln“... Klingelt da was? Wie oft hat man solche Sprüche schon gehört oder über sich ergehen lassen? Wie oft hat man(n) darüber schon gelacht (oder zumindest müde gelächelt) oder solche Stereotype vielleicht selbst reproduziert?

Andersrum geht es natürlich auch: „Frauen sind ja viel fleißiger“, „Frauen sind die besseren Führungskräfte, weil sie einfach empathischer sind“, „Frauen werden gerne für schwierige Situationen geholt, ihnen steht ihr Ego nicht so im Weg“. Schon anhand dieser wenigen Beispiele zeigt sich, wie einengend und prägend solche Vorurteile sein können. Denn das Schlimme ist ja, dass sie nicht nur einen Einfluss darauf haben, wie wir von anderen gesehen werden, sondern erst recht darauf, wie wir uns selbst sehen. Verschiedene Studien der letzten 15 Jahre haben gezeigt, wie massiv der Einfluss von (Gender-) Stereotypen auf unsere Selbstwahrnehmung ist und damit auch auf unsere Berufswahl, auf unsere Leistung im Job und auf unsere Ambitionen.

„Du guckst so ernst, wenn du nachdenkst. Lächle doch mal.“ Ach so, ja ist klar. Für die Einzelne ist es auch nicht einfach sich gegen diese Vorurteile zu wehren. Wenn ich eben nicht nur lieb, fürsorglich und fleißig sein will, dann heißt es, ich bin laut oder gar hysterisch. Wenn ich zu viel Raum einnehme, dann bin ich unweiblich, und wenn ich Kinder habe und eine ambitionierte Karriere, dann bin ich selbstverständlich eine Rabenmutter.

Wir können also nur gemeinsam dagegen angehen. Schluss mit dem Schwarz-Weiß-Denken, lassen wir Farbe in unsere Arbeitswelt (und das meine ich bewusst im übertragenen UND im eigentlichen Sinne). Feiern wir also die Unterschiedlichkeit und Besonderheit jeder Kollegin und jedes Kollegen. Nicht die stereotype Zuordnung zu einer Gruppe macht doch die Person spannend, sondern ihr ganz individuelles Selbst.

##### Wo fangen wir an?

**• Werden wir uns der unnötigen Klischees bewusst!**

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Evolutionsbiologisch machen Vorurteile durchaus Sinn – sie helfen uns, die Welt schnell einzuordnen und schnell überlebensnotwendige Entscheidungen zu treffen. Aber wir leben nicht mehr in Höhlen und seltenst möchte uns ein Säbelzahntiger (oder -tigerin) verspeisen. Es geht also für uns alle um die Frage, ob wir in der Lage sind, aus den tief in uns verankerten und unbewussten Denkmustern auszubrechen. Dazu ist die Bewusstmachung von Vorurteilen und Klischees der erste wichtige Schritt. Die nächste Frage muss sein: Bin ich Willens, Dinge anders zu sehen und aktiv anders zu bewerten, um neues und vielfältigeres Denken zuzulassen? Gezielte unternehmensinterne Schulungsmaßnahmen, Workshops und offene
Diskussionen können hier sehr hilfreiche Maßnahmen sein. 

**• Verändern wir gemeinsam etwas!**

Um etwas zu verändern, sollten wir uns gegenseitig aktiv unterstützen. Manchmal fällt es z.B. Männern viel schwerer, ungleiche Behandlung aufgrund des eigenen Geschlechts im beruflichen Kontext wahrnehmen, da sie diese oftmals nicht selbst erleben. Durch Aufklärung und offene Gespräche zu diesen Themen, werden wahre Erweckungserlebnisse geschaffen und viele männliche Kollegen zu echten Unterstützern der Gleichberechtigungsagenda. Gleichberechtigung ist kein Frauenthema – und auch kein Thema, dass nur von oben getrieben werden kann. Echte Veränderungen entstehen, indem Themen täglich Aufmerksamkeit bekommen und so gelebt werden. Als Unternehmen einen Schritt weiterzugehen und Diversität tief in die Unternehmenskultur zu verankern, bindet Talente und zieht positive Aufmerksamkeit auf sich. Für echte Diversität und Inklusion lohnt es sich schließlich zu kämpfen und so ein nachhaltiges Umdenken in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zu erschaffen. Und um Veränderung zu erzielen, müssen wir gemeinsam anpacken, schließlich trägt keines der Geschlechter die alleinige Verantwortung.

**• Nobody is perfect!**

Na, wann haben Sie sich das letzte Mal dabei erwischt, ein Klischee reproduziert zu haben? Natürlich passiert mir das auch. Öfter als mir lieb ist. Und genauso erlebe ich das um mich herum ständig. Es geht hier nicht um moralische Überlegenheit und schon gar nicht darum, perfekt zu sein. Aber es geht darum, anzufangen etwas zu verändern. Schritt für Schritt.

**• Actions speak louder than words!**

Warum nicht eine Mitarbeiterin in Elternzeit befördern? Warum nicht Männern selbstverständlich mehr als die zum guten Ton gehörenden zwei Monate Elternzeit proaktiv anbieten? Warum nicht beide Eltern bei der Kinderbetreuung unterstützen? Warum nicht zulassen, dass jeder seinen individuellen Stil auch im Business Umfeld ausleben darf? Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Nur so verändern wir aktiv die Narrative und schaffen neue Erfolgsgeschichten.

##### Neue Chancen für alle

Kurz gesagt lautet der Appell an uns alle somit: Lasst uns gemeinsam gegen Vorurteile und Stereotypen ankämpfen und uns für eine gleichberechtigte, bunte Zukunft einsetzen und das Schwarz-Weiß-Denken ein für alle Mal in der Vergangenheit zurücklassen. Starre Rollenbilder und ein überholtes Weltbild behindern beim Fortschritt und unserer persönlichen Entfaltung. Deshalb sind wir überzeugt: Eine Zukunft voller Möglichkeiten und Gleichberechtigung ist möglich, wenn wir uns zusammen für sie einsetzen und neue Perspektiven schaffen, die es uns ermöglichen, unsere individuelle Identität auszudrücken.

Wir möchten in einem Umfeld arbeiten, das offen für Vielfalt und Gleichberechtigung ist. Als Branche und Gesellschaft müssen wir dafür kontinuierlich Aufklärung leisten und mutig sein, um ausgetretene Pfade zu verlassen und so neue Chancen für alle zu schaffen – unabhängig von Geschlecht, ethnisch-kultureller Herkunft, Alter, körperlicher Verfassung, Auftreten oder sexueller Orientierung. Also, brecht mit den Klischees und setzt ein Zeichen für eine gleichgestellte Zukunft!


Schwarz-Weiß war gestern: Für eine gleichgestellte Zukunft müssen Klischees weg