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Marketing

Als ich von der Chefredaktion gefragt wurde, ob ich einen Kommentar zu fehlgeleiteten Werbebannern im Programmatic Advertising und dem offensichtlichen Versagen der Kontrollmechanismen machen würde, winkte ich ab. Ein alter Hut sei das, aus dem in zyklischen Abständen das schwarze Kaninchen Ad Fraud gezaubert wird. Die Probleme sind bekannt und hinlänglich diskutiert, wir sprechen doch von einem winzigen Bruchstück des Marktes.

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Der Markt wird es nicht richten, **sagt MEEDIA-Redakteur Frank Puscher** zur Ad-Fraud-Situation. Er fordert mehr Regulierung – Illustration: Bertil Brahm

**Und genau das ist das Problem. Wir haben uns daran gewöhnt. Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Display-Werbung großer Marken auf Seiten auftaucht, auf denen eigentlich keiner werben will.** Wir haben uns daran gewöhnt, dass 0,3 Prozent Klickrate ein akzeptabler Wert ist, und dass es sich ob dieser Klickrate nicht lohnt, weiteres Geld in bessere Kreation zu stecken. Lieber die gesparten Werbeeuro in den Reichweitentopf purzeln lassen. Irgendwer wird schon klicken. Wir wissen, dass es eigentlich die Werber richten sollten. Sie sollten den Fluss des Geldes (und der Banner) besser kontrollieren. Aus schierem Eigeninteresse. Aber sie schaffen es nur zum Teil. Selbst verantwortungsbewusste Advertiser müssen zugeben: Ich weiß nicht genau, wo meine Banner laufen.

Aber wie sollen sie auch, wenn sie von Publishern falsche Zahlen bekommen? Der Fall "USA Today", den Experte Bob Hoffman in seinem neuen Buch analysiert, ist eben alles andere als ein alter Hut. Er zeigt, in welche Sackgasse sich die ganze Branche bewegt hat. Der Publisher Gannett hat das Geld der Werbungtreibenden mit einer populären Website ("USA Today") geködert, um es dann auf lokale Nischenangebote ("Detroit Free Press") umzulenken. Da siegt die Gier über den Anstand. Ganz gleich, ob es vorsätzlicher Betrug oder technisches Versagen war: Dass System ist außer Kontrolle geraten. Neun Monate lang haben die Advertiser (Adidas) nicht gemerkt, dass da etwas nicht stimmt.

Man könnte an dieser Stelle munter weitermachen, und jeder bekommt sein Fett weg. Ist Ad Refresh, also das Nachladen von Werbebannern innerhalb einer Seite, eigentlich in irgendeinem Programmatic-Standard festgelegt? Wissen die Werber, dass sie eine Platzierung gebucht haben, die „zu gut“ performed. So gut, dass ihr Banner nach Erreichen der Sollzeit gegen ein anderes (vom Wettbewerber?) ausgetauscht wird. Und welcher Verleger optimiert seinen Content eigentlich heute nicht auf Vermarktbarkeit? Kritische Berichterstattung? Ne, lieber nicht, da bucht ja keiner.

##### Eigentlich kann es nur einer richten: der BDVW

Hinter Programmatic Advertising steckt eine faszinierende Technologie. Heerscharen von Top-Programmierern optimieren den Datenfluss auf die dritte Nachkommastelle. Aber in der Automatisierung stecken Fallstricke und wir alle kennen sie. Mir wird himmelangst, wenn ich höre, dass die EU-Kommission Bob Hoffman zur Anhörung bittet. **Der Mann weiß, wie Werbung funktioniert. Er liebt diese Branche. Und weil er sie liebt, will er sie reparieren. Mit dem einfachen Holzhammer: Stoppt den Datenhandel!**

Was das für die Marktposition der deutschen Publisher bedeutet, kann sich jeder selbst ausrechnen. Dann gibt es nur noch First-Party-Daten und mir fallen da ein, zwei Player ein, die da echt einen unfairen Marktvorteil haben. Der Markt wird es nicht richten, einzelne Vorzeigewerber auch nicht. Das Einigeln der Premium-Publisher hilft niemandem. By the way: "USA Today" ist ein solcher.

Eigentlich kann es nur einer richten: der BVDW. Es ist allerhöchste Zeit für das Großreinemachen mit dem eisernen Besen. Und die Zeit wird knapp. Das Nachtwerbeverbot für DOOH hat gezeigt, dass der Regulator inzwischen auch in unserer Branche populistisch agiert. Und mit dem Verbot von Tracking könnte man dem Wähler zeigen, dass man sich kümmert. Vielleicht könnte man die dann folgende Reallokation der Budgets als Entwicklungshilfe fürs Metaverse begreifen.

Ad Fraud – darum kann das Problem nur der BVDW richten