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Stoppt den Ausverkauf“, „Notruf Hafenkante“ oder „Gütersloh, wir haben ein Problem“ - zitternd vor Kälte heben die Mitarbeiter Plakate vor der Zentrale des Hamburger Verlagshauses Gruner + Jahr in die Höhe, das im vergangenen Jahr vom Luxemburger TV-Konzern RTL geschluckt wurde. Die Arbeitnehmer sind sauer und aufgewühlt. Sie befürchten einen radikalen Ausverkauf des Zeitschriftenreichs, zu dem Titel wie der „Stern“, „Geo“ und „Brigitte“ gehören. Den Protest vor dem Eingang hatten die Gewerkschaften Verdi und DJV organisiert. Mehr als 200 Mitarbeiter nahmen daran teil.

Dabei richtet sich ihre Wut vor allem gegen das RTL-Management unter Führung von CEO Thomas Rabe. „Ob FTD oder Prinovis - der Rabe kreist über allem“, hält ein Mitarbeiter ein Plakat in die Menschenmenge. Auf einem anderem ist Bertelsmann-Chef Thomas Rabe auf einem nachgeahmten „Stern“-Cover zu sehen. Titelzeile: „Thomas, sei kein Rabenvater“. Hört man in die Menschenmenge, hat kein Mitarbeiter ein gutes Wort für den Firmenchef. „Rabe hat uns versprochen, dass nach der Fusion von G+J und RTL kein Arbeitsplatz auf der Strecke bleibt“, sagen Gewerkschaftsmitglieder. Auch ehemalige G+J-Mitarbeiter, die zu der Demo gekommen sind, sehen in Rabe den Verantwortlichen für die Lage. „Das ist unmenschlich, wie das Haus RTL mit jungen Menschen und Familien umgeht“, so Peter Kienz, der mit 22 Jahren in die Redaktion des „Stern“ kam und vor einigen Jahren das Magazin verließ.

##### Unmut gegen Rabe

Der Unmut gegen Rabe ist groß. Der gebürtige Luxemburger lässt seit mehreren Monaten überprüfen, an welchen Zeitschriften der TV-Riese festhalten will und welche an die Konkurrenz veräußert oder eingemottet werden könnten. Die quälende Hängepartie zermürbt die Mitarbeiter, die um ihre berufliche Zukunft bangen. Das wollen sie nun nicht mehr sang und klanglos hinnehmen. „Die Zeit des Wartens und Stillhaltens ist vorbei. Spätestens seitdem das Unternehmen Bertelsmann das Verlagshaus Gruner+Jahr in den Beritt von RTL Deutschland geschoben hat, brodelt die Gerüchteküche um den drohenden Ausverkauf von Gruner+Jahr. Die Unternehmensführung lässt die Beschäftigten im Dunkeln, ob und welche Titel verkauft werden sollen und was das für die Arbeitsplätze bedeutet. Die Unsicherheit, die dadurch entsteht, ist unerträglich“, sagt Tina Fritsche, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi HH, Bereich Medien. 

In den letzten Tagen hat sich der Widerstand gegen drohende Einschnitte bereits verschärft. Mehrere Redaktionsbeiräte der G+J-Titel hatten einen Brandbrief an den Bertelsmann- Familiensprecher Christoph Mohn und dessen Mutter Liz gerichtet und sich gegen den möglichen Ausverkauf des traditionsreichen Verlagshauses ausgesprochen, [wie der "Spiegel" berichtete](https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/gruner-jahr-redaktionen-wehren-sich-gegen-zerschlagung-a-1cdbd012-b690-4235-85ad-bdef9e48a612). „Bewahren Sie diesen einzigartigen Verlag und führen Sie ihn gemeinsam mit uns in eine gute Zukunft“, appellieren nun auch zwei Redaktionsbeiräte auf der Demo. Ob der Appell erfolgreich ist, wird in RTL/G+J-Belegschaftskreisen allerdings stark bezweifelt. Die Arbeitnehmer am Baumwall befürchten, dass die RTL-Spitze längst entschieden hat, sich von vielen Titeln zu trennen. Und die  Gerüchteküche in der Elbmetropole brodelt. Viele Medienhäuser sollen großes Interesse am Erwerb der Zeitschriften zeigen - von Funke, Klambt, Bauer bis zum "Spiegel".

Die Verkaufsspekulationen bekamen jüngst neue Nahrung, nachdem nun auch die zur Bertelsmann-Tochter Prinovis zählende Druckerei in Ahrensburg mit mehr als 500 Mitarbeitern vor dem Aus steht. Als ein Grund für die Schließung 2024 wurde unter anderem das rückläufige Magazingeschäft genannt. Das werten Gewerkschaftsvertreter als Signal, dass das das Magazingeschäft für RTL keine Relevanz hat. "Da müssen sie die Verbindung sehen", so Verdi-Mitglied Fritsche. Tatsächlich sind die Absatzzahlen der RTL-Magazine, wie auch bei anderen Verlagen, rückläufig. So brach die verkaufte Auflage des „Stern“ im 3. Quartal 2022 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um rund 7,7 Prozent ein, der Frauentitel „Brigitte“ musste im Berichtszeitraum sogar einen Auflagenrückgang von mehr als 17 Prozent hinnehmen, bei „Eltern“ ist das Minus mit 25 Prozent sogar noch höher. Trotzdem geben sich die G+J-Mitarbeiter kämpferisch. Sie fordern Rabe auf, am Qualitätsjournalismus und am Standort an der Elbmetropole festzuhalten. Ob sie ihre Arbeitsplätze bei G+J/RTL behalten, wird sich nun wohl in den nächsten Wochen entscheiden. 


„Stoppt den Ausverkauf“: G+J-Mitarbeiter wehren sich gegen RTL-Strategie