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Ich habe in den vergangenen Tagen und Wochen viele Dokus und Reportagen zur WM in Katar geschaut. Manche platt, manche erhellend, manche beklemmend und manche empörend. Doch trotz all dieser Berichte werde ich nicht darauf verzichten, mir so viele Spiele der WM wie möglich im Fernsehen anzuschauen.

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Viele Argumente sprechen gegen die Fifa-WM in Katar, aber einiges an der Kritik greift auch zu kurz, meint **MEEDIA-Redakteur Jens Schröder** - Illustration: Bertil Brahm

Als die Weltmeisterschaft Anfang Dezember 2010 an Katar vergeben wurde, war das ein Vorgang, der wie wohl kein anderer zuvor aufgezeigt hat, was schief läuft in den Weltverbänden des Sports. Ein kleiner reicher Wüstenstaat ohne jede Fußball-Tradition hat sich in einem umstrittenen Verfahren das größte oder zweitgrößte Ereignis des Weltsports gesichert. Entschieden von wenigen reichen Funktionären, die auf schleierhafte Art und Weise so reich geworden sind.

**Es hätte viele Argumente gegeben, das Turnier gar nicht erst nach Katar zu geben** oder die Entscheidung später zu revidieren. Die desaströsen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen, die aus zahlreichen Ländern der Erde kommen, um in Katar zu schuften. Die Bürgerrechte aus dem letzten Jahrtausend und eben das komplette Fehlen einer Fußball-Tradition. Für mich ist das sogar das wichtigste Argument: Sollten Fußball-WMs nicht in Fußballnationen stattfinden, in denen sich viele Menschen dafür interessieren und den Sport auch betreiben? Und nicht in zu erobernden "Märkten"?

Kein Argument ist allerdings, nebenbei erwähnt, die Jahreszeit, in der die WM nun stattfindet. Was diejenigen vergessen, die den Termin im europäischen Winter verteufeln: Für große Fußballnationen wie Brasilien und Argentinien und die gesamte südliche Hemisphäre findet zum ersten Mal überhaupt eine WM NICHT im Winter statt. Die Sicht auf den ach so schlimmen Termin im November und Dezember ist also eine rein europäische.

Apropos "europäische Sicht": Bei aller Kritik wird zu oft vergessen, dass auch in Europa nicht in allen Zeiten alles super war. "Das Handbuch der Kriminalistik" sah noch 1978 die "Führung von Homosexuellenkarteien als notwendige Maßnahme zur Wahrnehmung der polizeilichen Sicherungsaufgaben an", lässt sich beispielsweise in der Wikipedia lesen. Und hat München 1972 nicht dennoch die Olympischen Spiele ausrichten dürfen? Ja, natürlich: Das ist 50 Jahre her. Aber kann man von allen Ländern der Erde erwarten, dass sie sich bei den Menschen- und Bürgerrechten gleich schnell bewegen?

Sollte man dazu übergehen, sportliche Großereignisse nur noch an Demokratien nach westlichem Vorbild zu vergeben, wird aus solchen Welt-Ereignissen langfristig eine traurige lokale Veranstaltung. Wäre damit irgendjemandem geholfen? **Ist es nicht eher so, dass das Licht der Weltöffentlichkeit, das genaue Hinschauen, für Veränderungen in den Staaten, wie jetzt in Katar, sorgt?** Na klar, es gibt Gegenbeweise dafür, wie derzeit Russland. Wenn man aber einen großen Teil der Länder komplett ausgrenzt bei der Vergabe von Großereignissen, dürfte es dort erst recht keine Veränderungen geben, sondern womöglich eher eine Bewegung in die andere Richtung.

Für mich steht in den kommenden Wochen der Sport im Mittelpunkt: Die besten Fußballer der Welt - abgesehen von Erling Haaland - spielen um den wichtigsten Titel. Natürlich schaue ich da zu!

Warum ich die Fußball-WM nicht boykottiere