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Mein schlimmster Job

Der Sommer nach dem Abitur. Von der Menge an freier Zeit bin ich genauso überfordert wie von der finanziellen Knappheit. Da kam ein Jobangebot auf der Bundesgartenschau in Frankfurt gerade recht. 15 Mark Stundenlohn, ein bisschen Essen verkaufen unter freiem Himmel. Das klang nicht so schlecht.

Gesucht wurde von einem indischen Wirt ein explizit deutsch aussehender junger Mensch, der verschiedene indische Spezialitäten anpreist und möglichst viele Besucher dazu bringt, die Probierportion nicht nur zu probieren, sondern auch zu bezahlen. Ranjid, der Besitzer des indischen Lokals, wirkte sehr nett. Mache ich halt das interkulturelle Bindeglied – und versuche die Besucher statt für Handkäs mit Musigg und Grie Soß jetzt mal für Papadam und Chicken Tikka Masala zu begeistern.

Ranjid hatte eine genaue Vorstellung, wie das Verkaufsgespräch ablaufen sollte. Ich sollte mit meinen Currys allein hinter dem Tresen stehen und die Passanten mit immer dem gleichen Spruch versuchen, für die exotischen Gerichte zu interessieren: „Probieren geht über Studieren.“ Er sah darin den Schlüssel zu großen Umsatzerfolgen. Meinen leicht zweifelnden Blick hat er entweder nicht gesehen, oder bewusst ignoriert.

So stand ich also einen langen Tag im sonnigen Foodcourt der Frankfurter Gartenschau und habe mich an Kalt-Akquise versucht. Ich muss zugeben, was die Attention-Phase des Verkaufsprozesses anging, funktionierte der Spruch sehr gut. Viele Menschen blieben stehen und wollten sehen, was es hier zu probieren gab. Aus der weiteren Konvertierung im Entscheidungs-Funnel wurde dann aber leider meistens nichts, denn jetzt kam das Thema Geld ins Spiel. Probieren – sehr gern. Aber für den Probier-Teller, mit drei unterschiedlichen Curry-Variationen, von mir liebevoll beschrieben, acht Mark bezahlen, so hatten sich die Gartenschau-Besucher das nicht vorgestellt. Kopfschütteln auf der anderen Seite des Verkaufstresens und dann entschlossenes Weiterschlendern zu anderen weniger missverständlichen Essensangeboten oder zur Gladiolen-Sonderausstellung.

Am Ende des Tages hatte ich 15 Probierteller verkauft und acht weitere selber gegessen. Mir war ein bisschen schlecht, aber ich hatte es immerhin probiert.

***Timm Weber** arbeitet selbständig in Hamburg unter dem Label Timm Weber Creative Strategies. Bis 2020 war er Kreativchef bei Publicis.*

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