Verleihung des Henri Nannen-Preises auf wackeligen Beinen
Der Fernsehkonzern RTL verleiht nach der Übernahme von Gruner + Jahr erstmals den Nannen Preis. Dabei steht RTL vor einer großen Herausforderung, da das Unternehmen nach den NDR-Enthüllungen zur Nazi-Vergangenheit Henri Nannens prüft, wie es sich zum "Stern"-Gründer positionieren soll.
Der Henri Nannen Preis ist eine der wichtigsten journalistischen Auszeichnungen in der Branche. Jahrelang richtete das Hamburger Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr als Herausgeber des „Stern“ den Preis für journalistische Höchstleistungen aus. Auch für die Vermarktung des „Stern“ ist Preisverleihung ein wichtiges Aushängeschild, um Werbekunden für den Wochentitel zu begeistern. Nach der Übernahme von G+J richtet in diesem Jahr erstmals der Kölner Fernsehkonzern RTL die Preisverleihung aus.
Doch das Großereignis steht unter einem ungünstigen Stern. Öffentlichkeitswirksam hat der neue „Stern“-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz in einem seiner ersten Beiträge in der aktuellen Ausgabe des Wochenmagazins in Frage gestellt, ob der „Stern“ Gründungsherausgeber Henri Nannen weiterhin Namensgeber dieses renommierten Preises bleiben soll (MEEDIA berichtete). Grund hierfür ist eine Veröffentlichung des NDR-Rechercheformats „Strg_F“, das den späteren „Stern“-Gründer für antisemitische, rassistische und sexistische Flugblätter während der Nazi-Zeit verantwortlich macht. Zudem werfen die Rechercheure Nannen vor, nach dem Krieg ehemalige Mitglieder des Unternehmens „Südstern“ entweder direkt beim „Stern“ oder in dessen Umfeld beschäftigt zu haben. Auch wenn der Beitrag keine „grundsätzlich neuen Erkenntnisse“ enthält, so liefere er Bilder, „welche die Abteilung ,Südstern‘ mit Nannen in leitender Position veröffentlicht hat, wohl um den Kampfgeist der Alliierten zu unterminieren und auch bei ihnen Hass auf Juden zu schüren“, schreibt der neue „Stern“-Chefredakteur. „Diese Bilder sind eklig, sie sind widerlich, sie bedienen vor allem viele antisemitische Klischees.“