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So viel ist jetzt schon klar: Der Skandal um die RBB-Intendantin Patricia Schlesinger ist noch lange nicht ausgestanden. Auch wenn Schlesinger inzwischen fristlos, ohne weitere Bezüge und Abfindung, gekündigt wurde – aufgeklärt sind die Vorwürfe um Vetternwirtschaft und Bevorteilungen in den Führungsgremien der Sendeanstalt noch lange nicht. In der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten drängt man den RBB zu einer schnellen Aufklärung. In einem noch nie da gewesenen Schritt in der mehr als 70-jährigen Geschichte der ARD haben die anderen Intendant:innen der RBB-Senderführung das Vertrauen entzogen. Im Wortlaut hieß es vom WDR-Intendanten Tom Buhrow, der aktuell den ARD-Vorsitz übernommen hat: "Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt."

Neben der Verurteilung auf der verbalen Ebene, stellt sich die Frage, welche Implikationen dieser Schritt für den Sender hat. Buhrow selbst erklärte dazu sogleich, dass das formal keine weiteren Folgen habe. Die Arbeitsgemeinschaft und die einzelnen Sender sind gleichberechtigt in der ARD, sie unterscheiden sich [laut ARD-Statut](https://www.ard.de/ard/die-ard/ARD-Satzung-104.pdf) nur in Stimmenanzahl bei Mehrheitsbeschlüssen, können aber nicht in den RBB hinein regieren. Das bestätigt auch Hubertus Gersdorf gegenüber MEEDIA. Der Professor für Staats-, Verwaltungs- und Medienrecht an der Universität Leipzig meint: "Die Landesrundfunkanstalten haben keine rechtlichen Möglichkeiten, um auf den RBB einzuwirken, sie können nur informell 'einwirken'."

##### Ist ein Rauswurf des RBB aus der ARD möglich?

Auch Buhrow erklärte in Bezug auf die einzelnen Rundfunkanstalten, dass die Häuser "rechtlich und organisatorisch komplett autonom und unterschiedlich" seien. Einen Rauswurf aus der ARD kann und soll der Vertrauensentzug gegen die Führung nicht sein. "Der RBB bleibt Teil der ARD", so Buhrow. Aber wäre das überhaupt möglich? Laut ARD-Statut ist eine einseitige Kündigung durch andere Mitglieder nicht vorgesehen. Nach Paragraph 8 Absatz 2 des Statuts stehe Mitgliedern nur das Recht zu, "unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Abschluss des Geschäftsjahres auszuscheiden".

##### Gespräche mit RBB-Intendanz eingeschränkt

Maßnahmen gegen die aktuelle RBB-Führung wurden trotzdem von der ARD angekündigt. Die betreffen in dem Fall den Kommunikationsaustausch auf der Intendanzebene. "Wir werden Punkte haben bei unseren Beratungen, die wir dann nur zu Acht besprechen können", so Buhrow. Welche Punkte genau das sein sollen und wie das in der Praxis gehandhabt wird – kurzes Entfernen aus dem Call oder der Sitzung – dazu wollten weder ARD noch RBB Auskunft geben. Von Seiten der ARD konnte MEEDIA nur Folgendes in Erfahrung bringen: "Einzelne Gespräche unter den Intendant:innen finden – mit Blick auf die aktuelle Situation – teilweise ohne eine RBB-Vertretung statt. Das ist situationsabhängig und wird im Einzelfall entschieden." Hintergrund der Maßnahme ist wohl, dass der Intendanzkreis der ARD Neuigkeiten über den RBB wiederholt aus der Presse erfahren hatte, obwohl man vorher im Gremium im Austausch war und Hagen Brandstäter die entsprechenden Details gekannt haben sollte. Der aktuell geschäftsführende RBB-Intendant ist jetzt für mehrere Wochen krankgeschrieben. Mit Blick auf die Arbeitsgemeinschaft ist fraglich, ob so ein Ausschluss aus den Gremien überhaupt von den eigenen Regeln gedeckt wäre. Staatsrechtler Gersdorf meint, "soweit es um 'Das Erste' (Anm.d.Red.: den ARD-Gemeinschaftssender) geht, dürfte dies nicht zulässig sein, im Übrigen aber wohl."

Gegenüber MEEDIA bekräftigte eine ARD-Sprecherin, dass der Mangel an Vertrauen sich ausschließlich auf die geschäftsführende Leitung des Senders beziehe. Die Gremienarbeit werde fortgesetzt: "Die Vertreter:innen des RBB sind in allen Kommissionen, Konferenzen und AGs weiterhin und selbstverständlich vollwertige Mitglieder", heißt es von der ARD.

Darüberhinaus haben die Kontrollgremien der anderen ARD-Anstalten den RBB-Aufsichtsorganen Unterstützung in der Aufarbeitung angeboten. Die Konferenz der ARD-Gremienvorsitzenden (GVK) werde „in unmittelbarem Kontakt mit den RBB-Aufsichtsorganen ausloten, wie eine entsprechende solidarische Unterstützung und Hilfe praktisch aussehen kann", teilte die GVK am 24. August mit. Der Vorstoß wird als Zeichen der Zusammenhalt in der ARD-Familie interpretiert.

##### Handlungsmöglichkeiten der Länder Berlin und Brandenburg

Weitere rechtliche Implikationen könnte es von Länderseite geben. Berlin und Brandenburg haben laut Staatsvertrag die Rechtsaufsicht über den RBB. Im konkreten Fall wird sie laut [Paragraph 39](https://www.rbb-online.de/unternehmen/der_rbb/struktur/grundlagen/rbb_staatsvertrag.file.html/140121-rbb_StV2013.pdf) in einem zweijährigem Wechsel vom Senat Berlin und der Landesregierung Brandenburg ausgeübt. Bis zum Dezember 2022 liegt sie bei der Staatskanzlei Brandenburg – zuständig ist dort der Medienstaatssekretär Benjamin Grimm (SPD), in Berlin ist es aktuell Medienstaatssekretär Severin Fischer (ebenfalls SPD). Was genau das bedeutet, findet sich in Absatz 2 des Paragraphen: Bei der Verletzung gegen den Staatsvertrag oder allgemeine Rechtsvorschriften – dazu ermittelt aktuell die Berliner Generalstaatsanwaltschaft gegen Patricia Schlesinger, ihren Mann Ehemann Gerhard Spörl sowie den zurückgetretenen RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf – ist die Rechtsaufsicht befugt den RBB "hinzuweisen und ihn aufzufordern, die Rechtsverletzung zu beseitigen. Wird der Rüge nicht innerhalb einer von der für die Rechtsaufsicht zuständigen Stelle zu setzenden angemessenen Frist abgeholfen, so kann diese den Rundfunk Berlin-Brandenburg anweisen, auf dessen Kosten geeignete Maßnahmen durchzuführen." In diesem Rechtsrahmen wurde etwa Anfang Juli der erste Fragenkatalog an die damalige Intendanz und den Vorsitzenden des Verwaltungsrats gesandt, wie ein Regierungssprecher des Landes Brandenburgs gegenüber MEEDIA mitteilt.

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[So kommt die ARD aus der Krise](/article/so-kommt-die-ard-aus-der-krise-df7efe0bb3447c54179b6cd0b16ffd1b)

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##### Staatsferne bei Intendantenwahl geboten

Ganz allgemein sieht Hubertus Gersdorf die Möglichkeiten der Rechtsaufsicht begrenzt. Ein Reagieren sei nur möglich, sollte der Rundfunkrat des RBB überhaupt nicht oder "krass rechtswidrig" handeln, wie der Jurist [gegenüber dem Deutschlandfunk (DLF) erklärte](https://www.deutschlandfunk.de/mediasres-das-medienmagazin-vom-22-08-2022-komplette-sendung-dlf-8edd04c0-100.html)). Das sehe er aber nicht gegeben, auch nicht für die Zukunft. Ein Eingreifen in Personalien, etwa Abberufungen und Neubesetzungen in der RBB-Intendanz würden laut Gersdorf zu weit gehen und der gebotenen Staatsferne widersprechen. Mit Blick auf die Verquickung von Staat und Medien in der NS-Diktatur und im SED-Staat sei das besonders geboten.

Vor dem Hintergrund wirft die Beratung zu einer neuen Interimsintendanz Fragen auf. Am 23. August trafen sich laut RBB24.de in Potsdam der Brandenburger Medienstaatssekretär Grimm mit der RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden Dorette König und dem Rundfunkratvorsitzenden Dieter Pienkny unter Anwesenheit des Berliner Medienstaatssekretärs, um die weitere Entwicklung des Senders zu besprechen. Ist ein solches Treffen mit der zitierten Staatsferne vereinbar? „Unser gemeinsames Ziel ist es, das Prozedere für die rechtssichere Wahl eines Interims-Intendanten durch den Rundfunkrat zu klären“, wie Grimm mitteilen ließ. Von der brandenburgischen Landesregierung aus sieht man insofern keine Probleme, „da das Gespräch lediglich der Ausübung der Rechtsaufsicht diente“, so ein Regierungssprecher. Der Rundfunkratvorsitzende Pienkny äußerte dazu gegenüber RBB24.de, dass im RBB-Staatsvertrag die Wahl eines Interims-Intendanten nicht geregelt sei und daher die Rechtsaufsicht ins Boot geholt werden müsse, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.

Am Ende dürften Handlungsdruck von politischer Seite und aus der Bevölkerung zur schnellen Aufklärung größer sein als die juristischen Implikationen. Die Stimmen zu Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - von gemäßigt bis grundlegend – mehren sich.

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[Suche nach Interims-Intendanten für den RBB läuft](/article/suche-nach-interims-intendanten-fuer-den-rbb-laeuft-edecdb4b57f41e1a1d7f0724a0045b7a)

*mit Material dpa*

Von Rauswurf aus der ARD bis Rechtsaufsicht – die Rechtslage in der RBB-Affäre