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„Schreck beim Tanken …. Nicht beim Einkaufen“ – die neue Branding-Kampagne von Kaufda greift die Sorgen der Menschen auf, sich Vieles in Zukunft nicht mehr leisten zu können. Und die Kampagne geht genau dorthin, wo das Geldausgeben besonders weht tut: an die Tankstelle. An 700 Shell-Tankstellen in ganz Deutschland wirbt die Spar-App aus Berlin von heute bis zum 31. Dezember.

Die Bonial-Kampagne (Bonial ist die Mutter von Kaufda) ist im Grunde eine DOOH-Kampagne wie jede andere. Mit einer kurzen Animation über zwei Bildschirme stellen die Creatives das Geldausgeben beim Tanken gegenüber dem Sparen beim Einkaufen, wenn man die Kaufda-App nutzt.

Das Besondere an dieser Kampagne ist deren Ausspielung. Sie erfolgt in einem Konsum-Moment, der zu den schmerzvollsten gehört, die der normale Mensch im Alltag erlebt. [Der Psychologe Dan Ariely hat in mehreren Studien und Feldversuchen untersucht](https://www.nytimes.com/2008/07/19/opinion/19ariely.html), warum sich die Menschen so viel schlechter fühlen, nachdem sie getankt haben. Während eine ganz ähnliche Transaktion, nämlich das Überweisen der monatlichen Abschläge für Heizung oder Strom, nicht den gleichen Effekt auf die Laune der Menschen hat. Der Grund: Man kann an der Zapfsäule laut Ariely dem Geld dabei zuschauen, wie es buchstäblich davon rinnt.

Das ist eine Situation, wo Menschen im Grunde werblicher Kommunikation nicht sonderlich aufgeschlossen gegenüberstehen. Mit einer Ausnahme: Wenn die Kommunikation Linderung genau dieses aktuellen Schmerzes verspricht.

##### **Situatives Targeting im Trend**

Dieser Reflex ähnelt der Situation, wenn man einem von Kopfschmerzen geplagten Menschen eine Aspirin hinhält. Aus Sicht der Werbung kommt es vor allem auf das Timing an. Wie kann man erkennen, ob sich der Mensch in einer bestimmten Situation befindet? Und wie wählt man dann die passende Ansprache, das passende Creative aus?

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*Lesen Sie, was Wetterdaten alles leisten können. Sie werden überrascht sein. (Und der Text hält, was der Clickbaiting-Titel verspricht!)*

[Mit Wetterdaten Werbung ausspielen](/article/mit-wetterdaten-werbung-ausspielen-2f9e4c2a8dd49bd8d8e7d1a8179c102a)

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Die Wahl des Creatives entspricht klassischer Marketing-Logik. Wenn der User Schmerz spürt, muss das Werbemittel Linderung versprechen. Wenn der Nutzer euphorisch und gut gelaunt ist, kann man werblich diese Laune zusätzlich befeuern oder zum Beispiel auf ein anderes Themenfeld wie Charity umlenken.

Die Erkennung der jeweiligen Situation ist das Spannende aus Sicht des Datenmarketings: Es ist ein Ansatz, der weitgehend ohne personenbezogene Daten auskommt, der aber dennoch sehr persönlich wirkt. Es gibt eine Reihe von Datenpunkten, die als sogenannter Proxy für eine bestimmte Situation herhalten. Im Wesentlichen geht es um den Standort eines Werbemittels, um das daraus abgeleitete Wetter, um die Uhrzeit und um Ereignisse, die mit anderen Ereignissen eng verbunden sind.

Diese Daten sind in der Regel einfach zu erheben. Die Standort-Daten können entweder vom Werbemedium bezogen werden (wie bei DOOH), oder man erhebt sie aus den Positionsdaten des Nutzers im Smartphone. Diese Daten liegen dann vor, wenn der User Apps mit Geotargeting nutzt. Typischerweise sind das Wetter-Apps oder Navigations-Apps wie Google Maps. Die dritte Variante ist das Geofencing. Hier genügt es, wenn sich das einzelne Smartphone in einer Funkzelle einloggt. Die Telekommunikationsanbieter ermöglichen dann eine Aussteuerung der Werbung nur an diese Handys.

##### Firmen wie Lieferando nutzen die Tageszeit als Targeting-Kriterium

Um gutes situatives Targeting ausspielen zu können, muss es einen direkten Bezug geben zwischen dem Ort und einem Ereignis, das die Aufmerksamkeit auf passende Werbung beeinflussen kann. Im Location Based Advertising setzt man häufig darauf, dass die reine lokale Nähe zu einem Laden, einem Tag der offenen Tür oder einem Restaurant schon ein solches „Ereignis“ ist. Die Relevanz des Angebots steigt, weil es unmittelbar wahrgenommen werden kann. Ob diese Annahme stimmt, hängt natürlich von der Qualität des Angebots ab. Hat der Standort des Users mit einer bestimmten Handlung zu tun – wie im Falle Bonial – ist die denklogische Verbindung stärker.

Aus den Ortsdaten können Wetterdaten abgeleitet werden. Es gibt nachgewiesene, starke Korrelationen zwischen dem Absatz von Produkten und dem Wetter vor Ort. Das gilt nicht nur für den sprichwörtlichen Regenschirm, sondern zum Beispiel auch der Konsum von Tee oder Kaffee oder die Reiselust ist wetterabhängig. Idealerweise nimmt das Werbemittel direkt Bezug auf diese Situation: eine Personalisierung light.

Die Tageszeit als Targeting-Kriterium setzt auf dem Gedanken auf, das Menschen Rituale haben, die sich in festen Rhythmen vollziehen. Auch das ist hinreichend statistisch gesichert. Fast banal wirkt der Ansatz von Lieferdiensten wie Lieferando, in Zeitfenstern zwischen 11 und 13 Uhr und 19 und 21 Uhr verstärkt zu werben. Das ist eben der Zeitpunkt, wenn Menschen Essen bestellen. Welche Korrelation gibt es zwischen Ihren Produkten und der Tageszeit?

Und dann wären da noch Ereignisse, die mit Ereignissen zusammenhängen. Ein anstehender Umzug braucht eventuell einen LKW, Farbe zum renovieren oder neue Möbel. Bei einer Hochzeit dürfte eine Reise in die Flitterwochen anstehen. Wer geschäftlich verreist, braucht abends eventuell einen Restaurant-Tipp. Das Spannende an diesen Daten ist, dass die User das primäre Ereignis oft selbst kommunizieren. Sie suchen in Suchmaschinen, sie lassen sich auf Social Media inspirieren, sie nutzen Services, die zum Primärereignis gehören, wie zum Beispiel eine Flugbuchung oder sie stehen eben bereits am Gate des jeweiligen Fluges. Und schon findet man in den Daten Hinweise darauf, wo das Ausspielen von Werbung besser funktionieren könnte.

##### **Best Practices von Mini, Schiesser oder BWin**

Bonial nutzt die Location. An der Tankstelle wird getankt und insofern ist es nicht besonders spekulativ davon auszugehen, dass viele Menschen, die dem Werbemittel ausgesetzt sind, diesen Tank-Schmerz spüren.

Ein großer Pharma-Hersteller nutzte die POS-Displays von Apotheken, um für ein bekanntes Schmerzmittel zu werben. Dabei nutzte man Wetterdaten, um Fön-Wetterlagen zu identifizieren und dann die Werbung auszuspielen. Das bildet nicht nur die Nachfragerelation ab, sondern erlaubt auch eine empathische, situations-bezogene Werbebotschaft: "Schon wieder Fön … Medikament XY beseitigt Ihre Kopfschmerzen in Sekundenschnelle“.

![Mini-Kampagne](https://wp.meedia.de/wp-content/uploads/2022/10/mini.jpg)
*Mini wollte den Rückenwind lebensbejahender Momente für das Branding nutzen und schaltete auf entsprechende Signale bei Pinterest - Foto: Mini / Pinterest*

Einen interessanten Dreh für situatives Targeting fand man bei Mini. Man suchte 2019 gemeinsam mit den Beratern von Pinterest nach Situationen, die einen besonderen, positiv konnotierten Einschnitt im Leben markieren. Die Anschaffung eines Haustiers wurde von Werbung für den geräumigen Mini Clubman begleitet. Die Recherche nach Solarpanels löste eine Werbung für den elektrischen Mini Cooper SE aus. Im Ergebnis reduzierte diese Schaltungsstrategie den Klickpreis um durchschnittlich 27 Prozent, wobei gleichzeitig die Engagementrate um über 60 Prozent anstieg.

Bei Schiesser wandte man sich an die Experten von Wetter.com. Gemeinsam errechnete man einen Indexwert, der neben den aktuellen Temperaturen am Standort des Nutzers auch andere Variablen berücksichtigt. Wird der Indexwert überschritten, wird die Werbung für Bademoden ausgespielt. Ganz ähnlich steuerte man auch eine Kampagne für Nachtwäsche. Bei hohen Temperaturen erschienen leichte Nachthemden auf den Displays, bei niedrigeren Temperaturen eher die Flanell-Varianten. Beide Schiesser-Kampagnen erzielten signifikant höhere Leistungswerte, als zum Vergleich ausgespielte Kampagnen mit klassischem Targeting. Die Bademoden-Banner wurden um 70 Prozent häufiger geklickt.

##### Fazit

Situatives Targeting nutzt wenig bis gar keine Daten mit Personenbezug. Der Standort wird von den Nutzern wissentlich geteilt – wenngleich bezweifelt werden darf, ob allen Nutzern wirklich klar ist, wie weit es sich im Werbenetzwerk verbreitet. Eine Kombination mit weiteren Targeting-Daten, die datenschutzkonform erhoben wurden, ist problemlos möglich. Insofern ist das zweifellos eine Strategie, die in die Cookie-lose Zukunft führt.

Charmanter aber ist die strategische Ebene, die zugleich die kreative Ebene stark beeinflusst. Wenn man sich Gedanken darüber macht, was Menschen in welcher Situation fühlen; und dann versucht, die Momente zu finden, die für die Werbewirkung besonders relevant sind, liegt es auf der Hand, das Werbemittel genau an diese Situation anzupassen.

[Wie Burberry, Essence, Budweiser und Co. auf Twitch auftreten](/article/wie-burberry-essence-budweiser-und-co-auf-twitch-auftreten-227866380fe4ed2de2d307967f283d88)

Der Einstieg in diese Idee ist simpel. Es gibt viele „naheliegende“ Momente, wie die aktuelle Kampagne von Bonial zeigt. Und es gibt Zielgruppen oder Umfelder, in denen latent viele spannende Momente existieren. Der Chips-Anbieter Pringles hat schon 2018 für sich die Gaming-Szene entdeckt. Eine Twitch-Kampagne, eine TikTok-Kampagne und nun eine Augmented-Reality-Kampagne später freut sich Senior Market Activation Manager Andreas Billker darüber, dass Pringles „die stärkste Snack-Marke“ bei Gamern sei.

Gaming ist halt eine ziemlich typische Snack-Situation.

Bonial nutzt den Tank-Schreck