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Was wäre eigentlich, wenn Coca-Cola, einer der Hauptsponsoren der Fußballweltmeisterschaft in Katar, auf den digitalen Werbeflächen im Stadion statt des klassischen Rot-Weiß plötzlich Banner in Regenbogenfarben schalten würde? Absurd? Nicht wirklich. [2020 hatten die Brause-Brauer in der Schweiz mit Regenbogenfarben geworben.](https://de.coca-cola.ch/verantwortung/gesellschaft/diversity) Davor waren stilisierte Flaschen zu sehen, die aus Sätzen zusammengesetzt waren. Sätzen wie: „Deshalb setzen wir uns für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft ein.“

Technisch wäre das problemlos machbar. Die Bandenwerbung in den Stadien funktioniert genauso, wie das Bespielen von DOOH-Stelen. Video- bzw. Bilddateien werden an das System gesendet und von dort automatisiert eingespielt. Inzwischen funktioniert das sogar über die programmatische Beziehung zwischen DSP und SSP.

![Merkur Arena](https://wp.meedia.de/wp-content/uploads/2022/11/QV-T4S-F95-FCK-Advertising4-scaled-1-1024x768.jpg)
*Vielleicht sitzt demnächst ein Live-Redakteur auf der Tribüne und textet die Sprüche auf den Bannern in Echtzeit - Foto: Trade4Sports*

Aber vermutlich würden die Menschen weltweit davon gar nicht so viel mitkriegen. Da die Bereitstellung des Sendesignals der Fifa unterliegt, könnte die missliebige Werbemittel mit vermeintlich politischen Inhalten einfach ausblenden. Virtuelle Bandenwerbung heißt der Ansatz, der von der Deutschen Fußballliga (DFL) längst in der internationalen Vermarktung eingesetzt wird. Die digitalen Werbemittel, die den Stadionzuschauern vorgesetzt werden, werden durch digitale Werbemittel, die auf bestimmte Länder und Zielgruppen zielgerichtet ausgesteuert werden, überblendet.

##### Die HUK spekuliert über Einwechselungen

Düsseldorf, 11. November 2022. Als in der 81 Minute Terence Boyd, der Stürmer des 1. FC Kaiserslautern, gegen Lex-Tyger Lobinger, Sohn des früheren Weltklasse-Leichtathleten, ausgewechselt wurde, keimte in den Herzen der Lauterer Fans Hoffnung auf. Es stand gerade 1:1, aber noch waren 15 Minuten zu spielen und die Roten Teufel waren am Drücker. Auf der Werbebande rund um den Platz erschien in blau auf gelbem Grund die entscheidende Frage: „Spielentscheidender Wechsel?“. Selten lag eine Werbebotschaft so nah an der Wirklichkeit. In der siebten Minute der Nachspielzeit erzielte Kaiserslautern den Siegtreffer.

Die Werbung stammt vom Autoversicherer Huk und folglich ist die Frage nach dem spielentscheidenden Wechsel doppeldeutig. Der November markiert den wichtigsten Monat für die Autoversicherer, denn es ist der Wechselmonat vor der neuen „Tarifsaison“.

![HUK](https://wp.meedia.de/wp-content/uploads/2022/11/B_1122_Trade4Sports_Spielentscheidend_3.jpg)
*Situative Werbeschaltung im Fußballstadion: Die Marken werden diese Technik kreativ nutzen, so wie die HUK Autowelt - Foto: Trade4Sports*

Und die Werbung kommt aus einer DSP (Demand Side Platform). Seit dem 11. November ist Werbung in der Düsseldorfer Merkur Arena programmatisch buchbar. Kampagnen können in kleineren Einheiten gebucht werden und sie lassen sich ans Spielgeschehen anpassen. „Genau das haben wir in diesem Case umgesetzt. Es wurde spielsituativ ein Creative der Huk Autowelt, bei den Auswechselungen eingeblendet. Auch andere Spielsituationen werden in Zukunft buchbar sein“, erklärt Hanno Stecken, der Geschäftsführer der PIA Media, die für die Huk die Kampagne umsetzte.

Die Nachfrage, so Stecken, nach programmatischer Buchung in diesem Segment sei hoch. Buchungen können bis 48 Stunden vor einem Spiel getätigt werden. Advertiser werden nicht langfristig verpflichtet, sie können auch auf einzelne Matches fokussieren. „Keine mittel-, langfristige Bindung in Form von traditionellem Sponsoring“, ist für Roland Pimpl, den Head of Marketing bei der Huk Autowelt, ein entscheidendes Kriterium.

Die Verhandlungen mit weiteren Stadien laufen, so Stecken. Man dürfe nur noch nicht sagen, mit welchen. Die technische Strecke im Stadion hat der Dienstleister Trade4Sports aus Köln realisiert. „Unser Dank geht an das Team bei Fortuna Düsseldorf, das sich von Anfang an bereit erklärt hat, solche wegweisenden Themen mit uns auszuprobieren“, erklärt Mitgründer Nikolaus von Brauchitsch. Der Mann ist in der Szene wahrlich kein unbekannter. Zwölf Jahre arbeitete er unter anderem als Verkaufsleiter bei Ströer.

##### Virtuelle Bande in China

MEEDIA-Leser, die außerhalb des deutschsprachigen Europas zuhause sind, kriegen von der situativ ausgespielten Fußballwerbung vielleicht gar nichts mit. Die DFL, der Rechte-Inhaber für die Vermarktung des Bewegtbilds aus deutschen Profistadien, ersetzt die im Stadion ausgestrahlte Werbung durch virtuelle Banner. Seit 2019 ist ein hardware-basiertes System im Einsatz, dass vor allem eine Aufgabe hat: die digitalen Banner so an die dynamischen Bewegungen der unterschiedlichen Kameras anzupassen, dass das überblendete Digitalbild perspektivisch zum Hintergrund passt. Und dass es sich nicht davon stören lässt, wenn Menschen (vulgo: überbezahlte Fußballer, apathisch wirkende Linienrichter, cholerische Trainer oder nackte Zuschauer) vor der realen Bande entlang laufen.

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**Kinosessel statt Stadiontribüne? Kein Problem, auch Kinowerbung lässt sich programmatisch buchen.**

[Virtual Minds steuert Kino und Print programmatisch an](/article/virtual-minds-steuert-kino-und-print-programmatisch-an-00c78b391ba4dad86d0956a7b68ad069)

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Seit März 2022 ist ein neues System zertifiziert. Der britische Anbieter Supponor hat für seine Software AIR auch Verträge mit der amerikanischen Eishockey-Liga NHL oder mit einzelnen Clubs wie Borussia Dortmund, Bayern München und dem WFL Wolfsburg geschlossen. Alle haben nur ein Ziel: Statt die Banner regionaler oder nationaler Werbungtreibender mit dem Fernsehbild auch „nutzlos“ ins Ausland zu transportieren, können dort internationale Kampagnen laufen oder eben nationale Kampagnen von Werbungtreibenden aus dem jeweiligen Zielland. Die Clubs selbst können außerdem auch noch Spiele auf diesem Weg monetarisieren, die nicht in den Lizenzvertrag mit der DFL fallen, zum Beispiel Freundschafts-, Benefiz- und Vorbereitungsspiele. [Mehr als 2.000 Spiele mit virtuellen Banden will Supponor im nächsten Jahr produzieren.](https://www.presseportal.de/pm/163188/5225354)

Knapp [eine Milliarde Euro wird die DFL im Jahr 2022 mit Werbung verdienen.](https://media.dfl.de/sites/2/2022/04/DE_DFL_Wirtschaftreport_2022_S.pdf) Das ist etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes und deutlich mehr, als aus den Zuschauereinnahmen in den Stadien entsteht. Die Bandenwerbung vermag zwar in dynamischen Spielsituationen eher wenig Aufmerksamkeit zu binden, ist dafür umso prominenter, wenn das Spiel steht – zum Beispiel bei Eckstößen – oder wenn vor den Tribünen gejubelt wird.

Und es gibt noch einen Bonus: Die Bandenwerbung ist auch in den vielen Fotografien von einem Fußballspiel zu sehen. Das allerdings gilt nur für die reale Werbung im Stadion, nicht die virtuelle. Aber auf jeden Fall wird es spannend sein zu beobachten, was kreative Advertiser aus diesem situativen Kontext machen. Mal wieder ein „Spielentscheidender Wechsel“ in der Werbebranche. Umdenken ist angesagt. Und das gilt freilich nicht nur in Sachen Bandenwerbung, sondern auch für andere Bereiche des Fußballs.

Sportvermarktung: Wer sieht wann welche Bande?